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MATTER OF FLUX

Artistic Research

WhiteFeather Hunter | Lyndsey Walsh | Shu Lea Cheang mit Ewen Chardronnet

Lyndsey Walsh: Self-Care, 2021 – ongoing, photo: Pavlina Belokrenitskaia

WhiteFeather Hunter: The Witch in the Lab Coat, 2019 – ongoing, here: project Mooncalf: Prototype I, 2020

Shu Lea Cheang/ Ewen Chardronnet: UNBORN0x9, installation, MU Artspace, Eindhoven, 2022

Die Gruppenausstellung MATTER OF FLUX präsentiert drei künstlerische Projekte von WhiteFeather Hunter, Lyndsey Walsh und Shu Lea Cheang mit Ewen Chardronnet. Die ausgestellten Kunstwerke reflektieren kritisch über Natur, Materialität und Gesundheit weiblichen und nichtbinärer Körper durch künstlerische und wissenschaftliche Forschung: Sie erforschen die Verwendung von Menstruationsserum für Gewebekulturen, schlagen neue Formen der Pflege im Kontext weiblicher und nichtbinärer Gesundheit vor und diskutieren traditionelle und neue Möglichkeiten der Reproduktion. Im Zusammenhang mit der Gruppenausstellung wird Art Laboratory Berlin im Juni 2023 ein gleichnamiges Festival veranstalten, das ein breiteres Netzwerk von und für weibliche und nicht-binäre Künstlerinnen, Wissenschaftlerinnen und kulturelle(n) Akteur:innen in Kunst, (Natur)Wissenschaft und Technologie initiieren wird.


WhiteFeather Hunters Projekt The Witch in the Lab Coat (seit 2019) ist ein künstlerisches Forschungsprojekt (in Arbeit), das die Überschneidung von feministischer Hexerei und Tissue Engineering durch die Entwicklung einer körper- und performance-basierten Laborpraxis erforscht. Derzeit führt Hunter ihr Projekt, das bis Mitte 2023 laufen wird, am SymbioticA International Centre of Excellence in Biological Art an der University of Western Australia durch. The Witch in the Lab Coat umfasst das Unterprojekt Mooncalf, eine originelle Forschungsarbeit von Hunter, bei der es um die wissenschaftliche und kulturelle Erforschung der Entwicklung von Menstruationsserum zur Verwendung in Gewebekulturen sowie um die Isolierung multipotenter Stammzellen aus Menstruationsblut geht. Diese Forschungsarbeit wurde von Merck/Sigma-Aldrich anlässlich des Internationalen Tages der Frauen und Mädchen in der Wissenschaft 2021 im Rahmen der Reihe #nextgreatimpossible vorgestellt.

Das Projekt Self-Care von Lyndsey Walsh erforscht den persönlichen Weg der Künstlerin und die Versöhnung mit der Diagnose ihrer BRCA1-Genmutation und die Auswirkungen von Präventionsmaßnahmen auf ihr Körpergefühl und ihre Vorstellungen von Selbstfürsorge. Self-Care stellt eine Realität vor, in der eine Person die Verantwortung für ihre Krebserkrankung übernehmen kann, entweder bevor sie an Krebs erkrankt sind oder nachdem er aus ihrem Körper entfernt wurde. Durch dieses Gerät wird die Erzählung von Krebs als körperlichem Feind in eine Erzählung über Pflegesysteme umgewandelt. Das Individuum bzw. die Trägerin des Geräts erhält die Möglichkeit, ihren Krebs als eine Erweiterung ihres eigenen Selbsts kennenzulernen, indem er sie mit Hilfe einer neuen technowissenschaftlichen Prothese annimmt. Self-Care ist ein künstlerischer Versuch, sich mit den Brüchen in der Identität auseinanderzusetzen, die durch den zunehmenden Einsatz der Gendiagnostik in der Medizin verursacht werden. Unter Verwendung des eigenen Körpers der Künstlerin webt Self-Care eine Erzählung über Gesundheit, Geschlecht und Identität, die versucht, sich den Grenzen des medizinischen Blicks zu widersetzen. Die Arbeit besteht aus einer speziell entworfenen Brustbinde, in der sich lebende Brustkrebszellen befinden, die es der Künstlerin ermöglichen, die Verantwortung für ihre Krebserkrankung zu übernehmen, bevor diese in ihrem Körper auftritt. Durch diese Vorrichtung erforscht die Künstlerin Pflegesysteme und rekontextualisiert die potenzielle Gewalt, die den Brüsten angetan wird, als Befreiung durch nichtbinären Geschlechtsausdruck.

Shu Lea Cheang wird zusammen mit Ewen Chardronnet das Projekt UNBORN0x9. Diese Kunstinstallation hinterfragt die Entwicklung von Föten in künstlichen Gebärmüttern außerhalb des Körpers (Ektogenese) und die Cyborg-Zukunft der Elternschaft. Das Projekt untersucht die Rolle der Geburtshilfe in der zunehmend technologischen Erfahrung der menschlichen Fortpflanzung und spekuliert über neue Arten der Bindung, die durch künstliche Gebärmütter entstehen können. Hier wird die Schwangerschaft in eine Hightech-Vision des Körpers als biologische Komponente eines kybernetischen Kommunikationssystems integriert. In Zusammenarbeit mit dem echOpen fablab, das sich mit der Entwicklung eines kostengünstigen opensource-basierten Echo-Stethoskops mit Smartphone-Anwendung befasst, hat UNBORN0X9 den Prototyp eines kreativen Werkzeugs geschmiedet und die (für Menschen) unhörbaren Ultraschallwellen in eine klangliche Konversation vergewandelt, die es Performer:innen und Musiker:innen ermöglicht, eine audiovisuelle und emotionale Ultraschallpartitur zu interpretieren. UNBORN0x9 ist eine Future Baby-Produktion, die von Shu Lea Cheang und Ewen Chardronnet zusammen mit zahlreichen Mitwirkenden initiiert wurde. Sie stellt das gemeinsame Bestreben dar, Themen wie die möglichen Auswirkungen der kostengünstigen Echo-Stethoskopie auf globale Gesundheitsprobleme, Fragen des Zugangs zu medizinischer Versorgung und Mutterschaft, Ektogenese und die Technisierung der Fortpflanzung sowie das Hin und Her zwischen der Science-Fiction-Fantasie und der Wissenschaft im Allgemeinen anzusprechen.

WhiteFeather Hunter: The Witch in the Lab Coat, 2019 – ongoing

WhiteFeather Hunter: The Witch in the Lab Coat, 2019 – ongoing

Lyndsey Walsh: Self-Care, 2021 – ongoing, photo: Pavlina Belokrenitskaia

Lyndsey Walsh: Self-Care, 2021 – ongoing, photo: Pavlina Belokrenitskaia

Shu Lea Cheang/ Ewen Chardronnet: UNBORN0x9, Paris, 2022

Shu Lea Cheang/ Ewen Chardronnet: UNBORN0x9, Paris, 2022

WhiteFeather Hunter ist eine mehrfach preisgekrönte kanadische Künstlerin und Wissenschaftlerin, die in einer auf Forschung, Handwerk und Performance basierenden transdisziplinären Praxis arbeitet. Sie ist auf die Erforschung von Biomaterialien spezialisiert, die sie vor allem zur Entwicklung eines neuen kritischen Diskurses einsetzt. Hunter beschäftigt sich seit über 18 Jahren professionell mit handwerklich basierter (Bio)Kunst und erforscht das funktionale, ästhetische und technologische Potenzial von Körpermaterialien. Ihre Arbeiten vereinen verschiedene mediale Ansätze wie textile Methoden, Biologie, Storytelling (Video, Audio und Text), Performance, öffentliche Interventionen, digitale und webbasierte Installationen und DIY-Elektronik.

Lyndsey Walsh ist eine amerikanische Künstlerin, Designerin, Forscherin und Autorin mit Sitz in Berlin. In ihrer Praxis beschäftigen sie sich hauptsächlich mit neuen Medien sowie lebenden und biologischen Materialien und setzt viele Prozesse der künstlerischen Untersuchung in praktische Laborexperimente um. Ihre Arbeit wirft oft einen kritischen Blick auf die Politik und Ethik der Arbeit mit lebenden Materialien und nichtmenschlichen und menschlichen „Körpern“, sowie auf die Wissenssysteme, die daraus entstehen. Walsh hat in wissenschaftlichen Labors auf der ganzen Welt künstlerische und designbasierte Forschung betrieben und in Australien, den Vereinigten Staaten und Deutschland ausgestellt. Derzeit sind sie Gastwissenschaftlerin in der Hegemann-Forschungsgruppe am Institut für Experimentelle Biophysik der Humboldt-Universität zu Berlin und wird vom Exzellenzcluster UniSysCat unterstützt. Außerdem sind sie Autorin für das Unbore Collective, ein BioArt-Kollektiv mit Sitz in den Niederlanden.

Die Arbeiten der Künstlerin und Filmemacherin
Shu Lea Cheang zielen darauf ab, Geschlechter, Genres und Arbeitsstrukturen neu zu definieren. Ihre genreübergreifenden Gender-Hacking-Kunstpraktiken hinterfragen die bestehenden Funktionsmechanismen und die auferlegten Grenzen von Gesellschaft, Geografie, Politik und Wirtschaftsstrukturen. Cheang konstruiert vernetzte Installationen und Multiplayer-Performances im partizipatorischen Improvisationsmodus. In ihren Filmszenarien und Kunstwerken entwirft sie Science-Fiction-Erzählungen. So baut sie auch eine soziale Schnittstelle mit transgressiven Plots und ein offenes Netzwerk, das eine öffentliche Beteiligung ermöglicht. Als Pionierin der Netzkunst war BRANDON (1998-1999) das erste Werk der Netzkunst, das vom Solomon R. Guggenheim Museum in New York in Auftrag gegeben und gesammelt wurde.

Ewen Chardronnet ist ein im Kollektiv arbeitender Künstler, Autor, Journalist und Kurator. Derzeit ist er Produktionsleiter des Think&Do-Tanks art2m.eu und Chefredakteur des zweisprachigen französischen/englischen Webmagazins Makery.info. In seiner Arbeit interessiert er sich für Praktiken, Taktiken und Spekulationen, die künstlerische Forschung und wissenschaftliches Wissen mit der Schaffung sozialer Situationen verbinden, die Diskurse und Perspektivverschiebungen im Gefüge der Gesellschaft selbst miteinander verflechten. Im Jahr 2015 initiierte er die Kunst-/Wissenschaftsplattform Roscosmoe.org, die die Entwicklung von künstlerischen Arbeiten im Zusammenhang mit der Meeresumwelt und der Evolutionsbiologie begleitet. Ewen ist außerdem Mitbegründer des Kollektivs und der Zeitschrift Laboratory Planet und des damit verbundenen Projekts Aliens in Green.

ORT

Art Laboratory Berlin
Prinzenallee 34, 13359 Berlin

DateN UND ÖFFNUNGSZEITEN

Vernissage: 26. Mai 2023, 20 Uhr
Laufzeit: 27. Mai – 9. Juli 2023
Do – So, 14 – 18 Uhr

MATTER OF FLUX | Festival

(in Kooperation mit FEMeeting)

MATTER OF FLUX Konferenz
(mit Gesprächen, Paneldiskussionen und Arbeitsgruppen)
15. – 16. Juni 2023

MATTER OF FLUX Veranstaltungen
(Mit Workshops, Performances, Walk & Talks und Hangouts)
17. – 18. Juni 2023



KuratoriSCHES TEAM

Regine Rapp, Tuçe Erel, Christian de Lutz

ALB TEAM

Regine Rapp, Tuçe Erel,
Christian de Lutz, Karolina Zyniewicz,
Giada Sarmenti und andere

MediENpartnerINNEN


KooperationSpartner:INNEN


Experimentelle Biophysik, HU Berlin
SymbioticA, University of Western Australia
Antre-Peaux, Bourges
UrsuLaB & ART2M, Makery, Labomedia
Bioart Society, Helsinki

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