Vicious Cycle
Artistic Research on Climate Crisis
Artist Talk | Mit Sybille Neumeyer
Am 23. April 2023 präsentiert Art Laboratory Berlin ein Künstleringespräch mit Sybille Neumeyer über ihre Arbeit souvenirs entomologiques #1: odonata/ weathering data im Rahmen der laufenden Ausstellung Vicious Cycle. Im März 2022 haben wissenschaftliche Untersuchungen ergeben, dass die Verschmutzung durch Mikroplastik inzwischen auch im menschlichen Körper vorhanden ist. Es wandert durch das Blut, ist in den Organen zu finden und geht auch über die Muttermilch auf den Säugling über. Der Titel der Ausstellung Vicious Cycle (Teufelskreis) bezieht sich auf diesen geschlossenen Kreislauf von menschlicher Umweltverschmutzung und deren Rückführung in den menschlichen und nichtmenschlichen Körper. In der Ausstellung befassen sich die Künstlerinnen in ihren investigativen und forschungsorientierten Arbeiten mit dem Problem von Mikroplastik im Boden, den Auswirkungen des Klimawandels und den Folgen übermäßiger landwirtschaftlicher Aktivitäten auf Wasser, Boden, Tiere und Wildtiere.
Wie können uns Insekten helfen, die Klimakrise und Umweltbedrohungen schneller zu erkennen und darauf zu reagieren? In ihrem Künstlergespräch wird Sybille Erkenntnisse aus ihrer Forschung und aus Gesprächen mit Wissenschaftlern und Experten weitergeben. Sie wird untersuchen, wie Insekten die Beziehung des Menschen zu seiner Umwelt widerspiegeln, und weiter über die Handlungsfähigkeit von (digitalen) Insekten und die entstehenden Netzwerke kritischer Daten in der kritischen Zone nachdenken: Wie wird der Klimawandel von einer Libelle erlebt? Was weiß sie über das Wetter? Wie können – in einer datengesteuerten Welt – alte Formen von Beziehungen zwischen Insekten und Menschen wiederentdeckt werden, um eine Vielfalt von Wissen als fruchtbaren Boden für neue Verbündete und terrestrische Gemeinschaften zu gewinnen? Und welche Auswirkungen haben die ökologische Krise und das Artensterben auf die Arbeit der Naturkunde- und Wissenschaftsmuseen? Während die vielfältigen Identitäten der Insekten durch sich entwickelnde Kartierungs-, Überwachungs- und Sammelmethoden medial geformt und umgestaltet werden, sind ihr verankertes Umweltwissen, ihr Sensorium und ihre Sinne eine Inspiration für eine alternative Wahrnehmung und einen Dialog mit der Welt.
souvenirs entomologiques #1: odonata/ weathering data ist ein spekulatives Video-Essay und eine Installation von Sybille Neumeyer, die die Verstrickungen von Menschen, Wetter und Insekten in einer datengesteuerten Welt in Zeiten der Klimakrise untersuchen. Der Film folgt Libellen auf verschiedenen Ebenen durch Zeit und Raum: von ihrer geologischen Vergangenheit in eine ungewisse Zukunft, von Ökosystemen zu Museumssammlungen, von verkörperten Wetterwelten zu losgelösten Datenwolken, während verschiedene Insektenidentitäten durch sich entwickelnde Kartierungs-, Überwachungs- und Sammelmethoden vermittelt, geformt und umgestaltet werden. Obwohl datenbasierte Ontologien Maßnahmen zur Vorwegnahme und Kontrolle von Zukünften versprechen, wird durch die Rückbesinnung auf lokales öko-logisches Wissen die Beobachtung als Praxis der Fürsorge neu gestaltet.
Sybille Neumeyer (sie/ihre, sie/Pl.) ist eine interdependente* Künstlerin und Forscherin mit Schwerpunkt auf Umweltfragen und Beziehungen zwischen Menschen und Nicht-Menschen. Ihre Arbeit basiert auf post-disziplinärer Forschung und Zusammenarbeit. Durch mehrstimmiges (Hi)Storytelling, Installationen, Spaziergänge, performative Vorträge und Videoessays untersucht sie die Überschneidungen zwischen dem Verlust der biokulturellen Vielfalt, der Gesundheit des Planeten und der Klimakrise. Sie ist auf der Suche nach transformativen Erzählungen, Formen der Verwurzelung und kollektiven Aktionen für soziale, ökologische und artenübergreifende Gerechtigkeit. Aktuelle Ausstellungen sind u.a. „weather engines“/Onassis Stegi (2022), „Listening to the Stones“/Kunsthaus Dresden (2021) „Critical Zones – Observatorien für irdische Politik“/ZKM Karlsruhe (2020), „Contagious Cities: KOEXISTENZ“/Museum für Naturkunde Berlin (2019).
*Arbeit mit und dank eines ständig wachsenden Netzwerks von menschlichen und nichtmenschlichen Kollektiven und Kollaborateuren.