TERRA XENOBIOTICA
Artistic Research
Saša Spačal
Art Laboratory Berlin freut sich, die Einzelausstellung der Bio Medien-Künstlerin Saša Spačal mit der neu produzierten künstlerischen Arbeit TERRA XENOBIOTICA (2023) anzukündigen, das auf ihrer aktuellen künstlerischen Forschung basiert.
Die Menschen haben eine zwiespältige Beziehung zum Boden, identifizieren und personifizieren sich oft mit dem Boden als ihrer „Heimat“ und sind auf seine Fruchtbarkeit angewiesen, um zu überleben – und behandeln ihn doch allzu oft als bloßen Schmutz. Diese Vernachlässigung ist in technologischen Zonen noch extremer, nicht nur in Industriegebieten, sondern auch in Kommunikations- und Transporträumen. In ihrem neuen Kunstprojekt TERRA XENOBIOTICA erforscht Saša Spačal das Leben des Bodens an Flughäfen. „Giftstoffe sickern in den Boden und schaffen ungewohnte Landschaften, die nach anderen Verwalter:innen verlangen – nach solchen, die navigieren und pflegen, anstatt zu bewachen oder zu extrahieren“, erklärt Spačal. „Da die Menschheit in einem fortlaufenden Zyklus gefangen bleibt, einem Warteschleifenmuster aus Starts und Landungen, lauert die Vorstellung einer endgültigen Landung in einer unvorstellbaren fernen Zukunft.“
Die Installation Eternity Scanner, die auf einem Aufenthalt im Rillig-Labor für Pflanzenökologie an der Freien Universität Berlin basiert, lädt die Öffentlichkeit ein, zu erforschen, wie Schadstoffe, insbesondere PFAS wie Teflon, so genannte ‚forever chemicals‘, in die Böden von Flughäfen eindringen. Sie bilden Gradients of Eternity, eine Datenbank, die als erste von vielen geschaffen wurde, um ein neuronales KI-Netz zu trainieren, das PFAS-Verschmutzungen auf Bodenchromas erkennen kann, und die metaphorisch die 85 Jahre seit der ersten zufälligen Entdeckung von PFAS symbolisiert. Die Besucher:innen werden eingeladen, ein Bodenchroma auszuwählen und es auf den Eternity Scanner zu legen, der wie ein zeitgenössisches Orakel wirkt. „Die Anweisung ist klar und überzeugend; unsere einzige erforderliche Handlung besteht darin, uns auf die fortwährenden Klanglandschaften des Scanners einzustellen“, bemerkt die Künstlerin. Angetrieben von einer künstlichen Intelligenz liest der Scanner das Chroma und erzeugt eine Sonifikation der darin enthaltenen Informationen, die wie ein klarer Ruf an eine neue Generation ergeht, die das Land nicht als Herrschaft, sondern als Verwandtschaft (kinship) betrachtet.
Der von Saša Spačal und der Kulturtheoretikerin Alison Sperling geschriebene Film Holding Patterns entwirft ein dystopisches Szenario einer nahen Zukunft, in dem Flughäfen zwar noch existieren, aber ohne Funktion sind, und beschäftigt sich mit der Verschmutzung von Boden und Erde. Entscheidend für Spačal ist die „Frage des Erdens, des Geerdet-Seins und der Erdung im einzigartigen Raum des ikonischen, stillgelegten Berliner Flughafens Tempelhofer Feld“. Der Film untersucht die komplexen und vielfältigen Epistemologien, die mit modernen Konzepten des Reisens und der Identität verbunden sind, und schlägt ein neues Modell der Verantwortung, der Fürsorge und des Verwaltens vor.
Art Laboratory Berlin hat bereits mehrfach mit Saša Spačal zusammengearbeitet: Die Künstlerin war mit mehreren Arbeiten bei den Ausstellungen The Other Selves. On the Phenomenon of the Microbiome (2016) und Nonhuman Networks (2017) zu sehen, präsentierte ihre künstlerische Forschung auf der internationalen Konferenz Nohuman Agents (2017). 2019 und 2022 hatte die Künstlerin mehrmonatige Art-Residency-Aufenthalte bei Art Laboratory Berlin und am Rillig Lab | Pflanzenökologie, Institut für Biologie, Freie Universität Berlin, die schließlich zur aktuellen Arbeit TERRA XENOBIOTICA führten.
Regine Rapp & Christian de Lutz
Saša Spačal (www.agapea.si) ist eine Künstlerin, die an der Schnittstelle von lebender Systemforschung, zeitgenössischer Kunst und Klangkunst arbeitet. Ihre künstlerische Forschung konzentriert sich auf die Entwicklung technologischer Schnittstellen und Beziehungen zu organischen und mineralischen Bodenwirkstoffen, während sie versucht, die posthumanen Verhältnisse zu adressieren, die mechanische, digitale und organische Logik innerhalb der gegenwärtigen Biopolitik und Nekropolitik beinhalten.
Ihre Arbeiten wurden international ausgestellt und aufgeführt: Ars Electronica Festival (AT), Prix Cube (FR), Transmediale Festival (DE), Athens Digital Arts Festival (GR), Perm Museum für zeitgenössische Kunst (RUS); Onassis Cultural Center Athen (GR), Chronos Art Center (CHN), Cynetart Festival (DE), Nationales Kunstmuseum von China (CHN), DaVinci Festival (KR), Museum für zeitgenössische Kunst Metelkova (SI), Kapelica Gallery (SI), Device_art Festival (CRO), Festival der extravaganten Körper (CRO), Art Laboratory Berlin (DE), Museum für zeitgenössische Kunst Vojvodina (SRB), Lisboa Soa Festival (PT), Sonica Festival (SI). Sie wurde mit dem Prix Ars Electronica Honorary Mention ausgezeichnet und war nominiert für den Prix Cube und den New Technological Art Award.
Tag der Eröffnung, 10. November 2023
Presse Feedback
Kunstprojekt über kontaminierte Böden: Vom Gift in Himmel und Erde, im Tagesspiegel von Martin Ballaschk (16. November 2023)
Sound of Soil – Was aus dem Boden spricht. Saša Spačal bei Art Laboratory Berlin, in art-in-berlin von Katja Hock (26. November 2023)
Insight: Saša Spačal’s TERRA XENOBIOTICA, delving into the soil life hidden beneath the ceaseless traffic of airports, im CLOT Magazine von Annique Cockerill (30. November 2024)