Ausstellung > Nonhuman Agents

Nonhuman Agents

Nonhuman Networks

Heather Barnett | Saša Spačal, Mirjan Švagelj & Anil Podgornik

Saša Spačal, Mirjan Švagelj und Anil Podgornik: Myconnect, 2014, Ausstellungsansicht, Art Laboratory Berlin 2017, Foto: Tim Deussen

Saša Spačal, Mirjan Švagelj und Anil Podgornik: Myconnect, 2014, Ausstellungsansicht, Austernmyzelium, Art Laboratory Berlin 2017, Oyster Mycelium, photo: Tim Deussen

Saša Spačal, Mirjan Švagelj und Anil Podgornik: Myconnect, 2014, Ausstellungsansicht, Art Laboratory Berlin 2017, Foto: Tim Deussen

Heather Barnett: Motion Fields, 2 Kanal-Video, 2017, Ausstellungsansicht, Art Laboratory Berlin, Foto: Tim Deussen

Heather Barnett, links: Resilient Topographies #1: the peninsula of Paljassaare, Film, 2017; rechts: Heather Barnett mit planB: Swarm | Cell | City, Film, 2017, Foto: Tim Deussen

Die Ausstellung Nonhuman Networks präsentiert ästhetische Entwürfe neuer Kommunikationsformen zwischen menschlichen und nichtmenschlichen Akteuren. Wie funktioniert der weltweit größte Einzeller als Computer? Welchen Zugang können wir zum sogenannten „Internet des Waldes“ bekommen? Die herausragenden performativen Arbeiten der international anerkannten Künstler stellen eine Möglichkeit für das Publikum dar, sich auf außersprachliche Formen und Kontakt mit unterschiedlichen, scheinbar simplen Lebensformen einzulassen.



Das Kollektiv mit Saša Spačal, Mirjan Švagelj und Anil Podgornik verbindet Kunst, Biologie und Kybernetik, um eine Plattform für eine Kommunikation zwischen Arten zu schaffen. In Myconnect wird das Nervensystem einer Person mit einem Pilz-Myzel in einer Biofeedback-Schleife verbunden. Nach dem Betreten der Kapsel wird eine Person mit einem Herzschlagsensor, Kopfhörer und Vibrationsmotoren ausgestattet, die auf verschiedenen Körperteilen platziert sind. Der menschliche Herzschlag setzt das System in Bewegung. Das Signal fährt durch das Myzel, wo es in Echtzeit moduliert wird. Das modulierte Signal wird über Klang, Licht und taktile Sinnesimpulse wieder in den menschlichen Körper zurück übertragen. Die überwältigenden Reize, die das Nervensystem beeinflussen, verursachen eine Veränderung des Herzschlags. Eine neue Schleife beginnt, und der Kreis ist geschlossen. Eine Symbiose von Signalen beginnt.

Myconnect ist ein symbiotischer Konnektor unterschiedlicher Arten, der die anthropozentrische Teilung von Natur / Mensch in Frage stellt. Mit seinem Stromkreis von Signalen und Impulsen, erzeugt und übersetzt von biologischen und technologischen Organismen, bietet Myconnect eine immersive Erfahrung symbiotischer Wechselbeziehungen an. Diese Erfahrung lässt eine technologische Unterscheidung von Natur / Mensch als eine willkürliche Definition erscheinen, die bestimmten biopolitischen Interessen der menschlichen Gesellschaft dient.

Saša Spačal, Mirjan Švagelj und Anil Podgornik: Myconnect, 2014, Ausstellungsansicht, Art Laboratory Berlin 2017, Foto: Tim Deussen

Saša Spačal, Mirjan Švagelj und Anil Podgornik: Myconnect, 2014, Ausstellungsansicht, Art Laboratory Berlin 2017, Foto: Tim Deussen

Saša Spačal, Mirjan Švagelj und Anil Podgornik: Myconnect, 2014, Ausstellungsansicht, Art Laboratory Berlin 2017, Foto: Tim Deussen

Saša Spačal, Mirjan Švagelj und Anil Podgornik: Myconnect, 2014, Ausstellungsansicht, Art Laboratory Berlin 2017, Foto: Tim Deussen

Saša Spačal, Mirjan Švagelj und Anil Podgornik: Myconnect, 2014, Ausstellungsansicht, Art Laboratory Berlin 2017, Foto: Tim Deussen

Ausstellungsansicht von Nonhuman Networks, Art Laboratory Berlin, 2017, Foto: Tim Deussen

Der Dokumentarfilm Myconnect erklärt den praktischen und theoretischen Hintergrund der komplexen Installation. „Myconnect ist eine neuronale Verbindung, eine Art ‚Tsaheylu‘ des Science-Fiction-Films Avatar. Tsaheylu bedeutet in der Na’vi Sprache eine Bindung, eine neuronale Verbindung von zwei Wesen auf Pandora Planeten, gebildet über ihre neuronalen Schlangen“, erklärt Spačal. „Na’vi bauen Verbindungen zu Tieren oder Pflanzen auf, die eine neuronale Peitsche oder Antenne besitzen. Eine neuronale Verbindung kann auch zwischen zwei Na’vis während der Paarung entstehen, die wohl eine starke, emotionale, lebenslange Bindung bildet. Tsaheylu ermöglicht Na’vi tieferes Verständnis für ihre Umwelt, da jegliche Emotionen oder Schmerzen auf beiden Seiten der neuronalen Schlangen zu spüren sind. Na’vi erweitern und übertreten ihren Körper. Sie werden Umwelt und verwischen damit die Körper-Umwelt-Trennung.“

Das Kollektiv hat sich entschlossen, mit Pilzen zu arbeiten, einer der dominierenden Lebensformen der Welt. Das Myzel, der verborgene, unterirdische Teil der Pilze, kann in großen Maßen wachsen; es wird angenommen, dass ein Organismus in Nordamerika das weltweit größte Lebewesen ist. Jüngste Studien zeigen eine starke Verbindung zwischen Pilzen und Waldbäumen, dem sogenannten „Internet der Bäume“, das große symbiotische Netzwerke bildet. Myconnect ist ein künstlerisches Experiment auf sozialer, ästhetischer und biologischer Ebene und erforscht neue Möglichkeiten der zwischenartlichen Kommunikation, jenseits der menschlichen Sprache.

Heather Barnett ist Künstlerin, Forscherin und Vermittlerin, die mit Naturphänomenen und biologischem Design arbeitet, oft gemeinsam mit Wissenschaftler:innen, Künstler:innen, Teilnehmer:innen und Organismen. Mit Hilfe lebender Materialien und bildgebender Technologien erforscht ihre Praxis, wie wir die Welt um uns herum beobachten, repräsentieren und verstehen. Zu den Projekten gehören mikrobielle Porträts, Modellbildung von Systemen und eine fortlaufende „Zusammenarbeit“ mit einem intelligenten Schleimpilz, Physarum polycephalum, einer der weltweit größten einzelligen Organismen.

Was Physarum polycephalum besonders interessant macht, ist seine geschickte Fähigkeit, Probleme über ihre Wechselwirkungen mit der Umwelt zu erkennen und lösen. Wissenschaftler:innen in Japan und Großbritannien haben die Fähigkeit von Physarum polycephalum für räumliche Berechnungen untersucht (in Zusammenhang mit den effizientesten Formen der Futtersuche). Diese Studien markieren eine interessante Wende in der Kybernetik, die bereits stark von der Biologie beeinflusst wird. Hier manifestiert sich ein Organismus als technologisches Artefakt und als Akteur. Auf der Grundlage empirischer Forschungsprozesse und Art-Science-Kollaborationen lässt Barnett den Schleimpilz in Form einer ausgehandelten Co-Kreation teilhaben, was in animierte Filme, Drucke und lebende Skulpturen mündet. Diese Ausstellung baut auf Barnetts einzigartiger Kombination aus interdisziplinärer Forschung und partizipativer Praxis auf.

Heather Barnett: Motion Fields, 2 Kanal-Video, 2017, Ausstellungsansicht, Art Laboratory Berlin

Heather Barnett: Motion Fields, 2 Kanal-Video, 2017, Ausstellungsansicht, Art Laboratory Berlin

Heather Barnett, links: Resilient Topographies #1: the peninsula of Paljassaare, Film, 2017; rechts: Heather Barnett mit planB: Swarm | Cell | City, Film, 2017, Foto: Tim Deussen

Heather Barnett: Resilient Topographies #1: the peninsula of Paljassaare, Film, 2017

Heather Barnett: Resilient Topographies #1: the peninsula of Paljassaare, Film, 2017

Der Film Resilient Topographies # 1: Die Halbinsel von Paljassaare , produziert für die Architektur-Biennale in Tallinn, nutzt die Modellbildungs-Konzepte von ecoLogicStudio als Topographie, auf der Physarum polycephalum wandert. Wir können eine protoplasmische Strömung des Schleimpilzes beobachten, während der Organismus die dynamischsten und effizientesten Routen berechnet. In Resilient Topographies # 2: Vernetzte Navigationen nähern sich zwei Klonzellen von Physarum polycephalum einander an und verschmelzen.

Spatial Negotiations dokumentiert ein interdisziplinäres Projekt der Künstlerin und der schwedischen Choreografin Emma Ribbing. Eine Gruppe von Tänzerinnen bewegt sich den Bewegungsregeln des Physarum polycephalum entsprechend über ein Industriegelände (eine ehemalige Eisenbahnfabrik in Malmö, Schweden); sie erleben Raum und Bewegung mittels nichtmenschlicher Prinzipien.

Barnett entwickelt auch interaktive öffentliche Workshops, die Physarum polycephalum als Material, Modell und Metapher durch kollektives Experimentieren untersuchen, wie vor kurzem Swarm | Cell | City in Zusammenarbeit mit plan b (Sophia New & Daniel Belasco Rogers). Die Teilnehmer:innen erkunden den Soldiner Kiez, die unmittelbare Umgebung von ALB, als kollektiven Körper, inspiriert von den Bewegungen und Einschränkungen des Schleimpilzes. Ein Film des Workshops, videografiert von Tim Deussen, begleitet die Ausstellung.

Heather Barnett: BioCartographies (Wedding, Berlin), Petrischale, Acryl und lebendes Material (Physarum polycephalum), 2017, Art Laboratory Berlin, Foto: Tim Deussen

Heather Barnett: Being Slime Mould, Gruppenperformance, während der Konferenz Nonhuman Agents, Art Laboratory Berlin, November 2017

Heather Barnett: Being Slime Mould, Gruppenperformance, während der Konferenz Nonhuman Agents, Art Laboratory Berlin, November 2017

Die Installation BioCartographies (Wedding, Berlin) ermöglicht es dem Physarum polycephalum, ein Modell der Umgebung rund um ALB zu erforschen, in einer speziell konstruierten Petrischale zu navigieren und zu erkunden.

Im Diptychon Motion Fields ist auf dem Monitor links ein Schleimpilz in Zeitraffer zu sehen, wie er Netzwerke bildet, auf äußere Bedrohung reagiert und Nahrung sucht; und das Experiment Being Slime Mould, ein menschliches Modellbildungs-Experiment, in dem eine Gruppe von Menschen eingeladen ist, die Verhaltensregeln des einzelligen Organismus zu übernehmen, um ihre kollektiven Kapazitäten für Kommunikation und Kooperation zu testen. Der rechte Monitor zeigt die rechnerische Visualisierung des Bewegungsfeldes, wobei die nichtmenschlichen und menschlichen Agenten als dynamische Kraft- und Wachstumskräfte hervorgehoben werden.

Regine Rapp & Christian de Lutz



Heather Barnetts TED talk: What humans can learn from semi-intelligent slime.



Presse Feedback


Wissenschaftliche Kunst: BioArt bringt Menschen der Natur wieder näher von Franziska in Neoavantgarde

Mushrooms, robots and bread von Sarrita Hunn in Ex Berliner (p. 44)

Invasive nonhuman actors: In conversation with Saša Spacal and Heather Barnett von Imperica.com

Science and Art Join Forces to Challenge our Anthropocentric Worldviews von Clara Rodríguez Fernández in Labiotech.eu

Art and biology meet at Nonhuman Networks Exhibition at Art Laboratory Berlin von Clara Rodríguez Fernández in Labiotech.eu

BioArt: Intelligente Pilze von Daniela Schmidtke, in Klimaretter.info, Das Magazin zur Klima-ind Energiewende

Menschliche und nichtmenschliche Akteure im Netzwerk, Nonhuman Networks – Art Laboratory Berlin von Dr. Barbara Borek, in Art-in-Berlin

Ort

Art Laboratory Berlin
Prinzenallee 34, 13359 Berlin

Datum und Öffnungszeiten

Vernissage: 29. September 2017
30. September – 26. November 2017
Fr – So, 14 – 18 Uhr oder nach Vereinbarung

Kuratiert von

Regine Rapp & Christian de Lutz

Team

Regine Rapp, Christian de Lutz,
Bilge Hasdemir, Florence Razoux,
Anne Schreiber, Utpala Sharma,
Elizabeth Sawyer

Fotodokumentation

Tim Deussen

Kooperationspartner:innen

Medienpartnerin

Unterstützt von

Informiert bleiben

Unseren Newsletter abonnieren