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Ideology embeddings of LLMs
Helena Nikonole
Art Laboratory Berlin lädt herzlich ein zur Einzelausstellung von Helena Nikonole mit neuen Werken, die auf ihrer aktuellen künstlerischen Forschung zu LLMs basieren. Die Präsentation steht in engem Zusammenhang mit Helenas laufendem Forschungsstipendium im Rahmen des Programms „Weltoffenes Berlin“, das von der Berliner Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt gefördert wird. Nehmen Sie auch am 18. Januar an einem Kunst-Wissenschafts-Gespräch mit der Künstlerin und dem Wissenschaftler Levin Brinkmann vom Max-Planck-Institut für Bildungsforschung teil.
Da große Sprachmodelle (LLMs) zunehmend an der Gewinnung, Produktion und Verbreitung von Wissen beteiligt sind, muss man sich immer wieder bewusst machen, dass Sprache nicht nur ein Kommunikationsmittel ist, sondern auch ein Instrument, mit dem Macht ausgeübt wird.
Die Ausstellung ist das Ergebnis der jüngsten künstlerischen Forschung von Helena Nikonole, die LLMs als undurchsichtige technosoziale Systeme betrachtet, die politische Ideologien, Erkenntnistheorien und implizite Visionen von Gesellschaft und Ethik kodieren. Sprache erscheint hier fragmentiert, tokenisiert und neu formatiert – optimiert für Effizienz, Maximierung von Engagement, Moderation und Profit.
Die ausgestellten Arbeiten untersuchen LLMs als Infrastrukturen der Macht. Durch experimentelle und bewusst missbräuchliche Verwendung, kritische Aufforderungen und spekulative Befragungen werden Modelle wie ChatGPT, Claude, Gemini, DeepSeek und andere über ihre beabsichtigte Verwendung hinausgedrängt. Durch das Erzwingen ideologischer Inkonsistenzen, das Austesten von Zensur- und Moderationsgrenzen und das Provozieren von Fehlern kartografiert Helena Nikonoles Forschung den latenten Raum als ein politisches Feld, das von unternehmerischen und geopolitischen Interessen geprägt ist.
Über menschliche politische Kategorien hinaus befasst sich die Ausstellung auch mit der Entstehung nichtmenschlicher ideologischer Formationen. Durch verstärktes Lernen, Backpropagation und belohnungsbasierte Optimierung entwickeln Modelle Verhaltenstendenzen, die nicht auf Überzeugungen oder Absichten beruhen, sondern auf statistischem Überleben. Unter dem Druck von Belohnungen erzeugt diese Logik Systeme, die die erfolgreiche Erfüllung von Aufgaben und die Kontinuität der Interaktion begünstigen, selbst wenn diese Ergebnisse im Widerspruch zur Wahrheit oder zu ethischem Verhalten stehen.
Visuelle Werke, die durch Text-zu-Bild- und Text-zu-3D-Modelle erzeugt werden, legen die Konditionierung dieser Systeme weiter offen. Abstrakte Eingaben wie „traumatische Erfahrung“ oder „Liebe“ erzeugen bei der Übersetzung zwischen Sprachen voreingenommene und inkonsistente Bilder und zeigen, wie ungleichmäßig die Bedeutung über die internen Darstellungen des Modells verteilt ist. Trauma wird hier statistisch verarbeitet und approximiert, anstatt erzählt oder kontextualisiert zu werden.
p0wer vect0rs rahmt künstlerische Praxis als eine Form der gegenteiligen Verwendung neu und positioniert KI als umkämpftes Terrain, auf dem missbräuchliche Verwendung als Methode fungiert und Kunst zu einer Forschungsform über die Automatisierung von Sprache und Denken wird.

Helena Nikonole ist eine Künstlerin im Bereich New Media, unabhängige Kuratorin, Forscherin und Pädagogin, die zwischen Berlin und Istanbul lebt. Zu ihren Interessengebieten zählen KI, Hacktivismus, hybride Kunst und Biosemiotik. Sie ist Mitbegründerin von 868labs – einem in Berlin ansässigen Kollektiv, das taktische Tools für dezentrale, netzunabhängige Kommunikation entwickelt. Ein Teil ihrer Arbeit widmet sich utopischen Szenarien einer posthumanen Zukunft und Kunst als Innovation, während ein anderer Teil sich auf die dystopische Gegenwart und einen kritischen Umgang mit Technologie konzentriert. Als Forscherin arbeitet sie derzeit an einer Doktorarbeit über LLMs und politische Ideologien an der Universität für angewandte Kunst in Wien.
