Nonhuman Subjectivities
On Animals. Cognition, Senses, Play
Rachel Mayeri | Maja Smrekar
Art Laboratory Berlin freut sich, die neue Reihe Nonhuman Subjectivities vorzustellen. Ausgehend von gegenwärtigen philosophischen Theorien zur Objekthaftigkeit und einer Kritik am Anthropozentrismus richtet sich unsere Aufmerksamkeit auf nichtmenschliche Akteure. Die Ausstellung On Animals. Cognition, Senses, Play untersucht zwei Arten von Tieren, die eine beeindruckende kognitive Nähe zum Menschen aufweisen: Primaten, unsere nächstliegenden Verwandte, und Hunde, mit denen wir Menschen eine symbiotische Beziehung eingegangen sind. Allen gemeinsam ist der von Donna Haraway formulierte Begriff des „Miteinanderhandelns“: Durch die Überwindung konventioneller Dichotomien von Natur/Kultur, Mensch/Tier oder Subjekt/Objekt geht es vielmehr um ein gemeinsames Agieren.
Die Ausstellung stellt zwei starke künstlerische Positionen vor, die auf bestimmte Strategien des Narrativen und das Phänomen der Immersion setzen, um sich dadurch der Perspektive eines nichtmenschlichen Gegenübers anzunähern. Sie stellen den Instinkt und die Sinne des Nichtmenschlichen ins Zentrum ihrer künstlerischen Forschung. Mittels Performance, Film und Kunst-Naturwissenschafts-Kollaborationen versuchen beide, die Kognitionsfähigkeit des Nichtmenschlichen zu übersetzten.
Maja Smrekars Performance I Hunt Nature and Culture Hunts Me ist im Rahmen einer Künstlerinnenresidenz in den Jacana Wild Life Studios in St. Montaigne in Frankreich entstanden. Im zweiten Teil ihrer Serie K-9_Topology untersucht Smrekar die Phylogenetik des Wolfs, die Wolf-Hund-Mensch-Beziehung und setzt sich mit der Tierethik auseinander. Das implizierte Risiko und die Intimität in Smrekars Performance mit zwei Wolfshunden und einem Wolf wird durch rezitierte Texte von Joseph Beuys, Oleg Kulik, Susan Silas und Smrekar kontrastiert. Ein Dokumentarfilm gibt Auskunft über die komplexe Evolutionsgeschichte des Hundes.
In ihrer Arbeit Ecce Canis, welche die erste Arbeit ihrer Serie K-9_Topology darstellt, untersucht die Künstlerin metabolische Prozesse, die emotionale Motive für eine tragende Verbindung zwischen Mensch und Hund angestoßen haben, die erfolgreich koexistieren. Die Installation, von der einige Stücke hier zu sehen sind, umfasst das Serotonin der Künstlerin und ihres schottischen Border Collies Byron. Mittels chemischer Protokolle wurde es in einen Duft transformiert, der die chemische Essenz ihrer Mensch-Hund-Beziehung darstellt.
Die beiden Objekte an der Ausstellungswand nutzt man in der Biochemie üblicherweise als Proteinsäulen, doch in Smrekars Installation dienen sie als Serotoninfilter: die mit „K9“ und „M7“ beschrifteten Rohre wurden für das individuelle Filtern des Serotonin der Thrombozyten von Smrekar und diejenigen ihres Hunds genutzt. Auf dem Podest stehen verschiedene Geruchsderivate des Metabolismus von Mensch und Hund. Die organische chemische Substanz Indol, in der Parfumindustrie häufig verwendet, stellt (wie das Tryptophan) das letzte Derivat bei der Serotonin-Gewinnung dar (und findet man nicht nur im Gehirn, sondern auch bei Blumen). Hier ist es die Mischung von Smrekar’s und Byrons Serotonin, synthetisiert mit Indol.
„Die Wechselbeziehung von Biologie und Kultur ist wesentlich für das Verständnis der menschlichen Evolution, der geographischen Verbreitung, der Diversität und Gesundheit“, erklärt Smrekar. „In diesem Kontext interessiere ich mich für metabolische Prozesse, welche emotionale Motive auslösen, wenn sich zwei Arten, Mensch und Hund, begegnen und zufrieden koexistieren.“
Für ihre Filme hat die in Los Angeles lebende Künstlerin Rachel Mayeri in den letzten Jahren mit Primatolgen zusammen gearbeitet. Im Rahmen ihrer Serie Primate Cinema hat sie Filme für und über Schimpansen und andere Menschenaffen geschaffen. Die Tatsache, das eingesperrte Schimpansen zur Erheiterung üblicherweise Filme sehen, wurde aus künstlerischer Perspektive bisher praktisch kaum untersucht.
In Apes as Family (2012)sehen wir ein Drama, das eine Geschichte über die sozialen Bräuche von Schimpansen sowie ihre Domestizierung erzählt. Einerseits spricht uns, als menschliche Betrachter, die teils dramatische Handlung emotional an, andererseits sehen wir wiederum die Reaktionen des Schimpansen-Publikums, die denselben Film auf einem großen TV-Monitor sehen (hier erstmals im Edinburgh-Zoo). So erweist sich der Film als gelungenes Beispiel für das ‚Primate Cinema‘, als Film für nichtmenschliche Primaten, aber auch für die komplexen Zusammenhänge des artenübergreifend Verständnisses.
Über einen längeren Zeitraum hinweg hat Mayeri die Reaktionen von Schimpansen zu unterschiedlichen Fernseh-Genres untersucht und Primatologen darüber befragt. Sie kam zu folgender Schlussfolgerung: „Schimpansen sehen offensichtlich gerne dasselbe wie die menschlichen Primaten – Dramen über Essen, Hoheitsgebiete, den sozialen Status und über Sex. Indem wir einen Film durch die Perspektive eines Schimpansen anschauen, können wir besser verstehen, wie sie denken und fühlen. Schimpansen sind ja immer noch unsere nächstliegenden Verwandte. Sie sind nicht nur für ihre komplexe soziale, kognitiv entwickelte und emotionale Lebensweise bekannt, sie teilen mit uns auch die Faszination für das Kino.“
Mayeris Film Baboons as Friends (2007) stellt Filmmaterial mit Pavianen einem Film-Noir-Reenactment mit menschlichen Schauspielern gegenüber und zeigt die Geschichte von Lust, Eifersucht und Betrug von Tieren und Menschen. Auf dem linken Monitor können wir Filmmaterial einer Feldforschung von Deborah Forster über Paviane in Kenia sehen, welche die Geschichte von Verlangen und Verrat erzählt. Auf dem rechten Monitor hingegen hat Mayeri eine menschliche Situation mit professionellen Schauspielern inszeniert.
Für ihre Videoarbeit Movies for Monkeys (2012) wollte Mayeri einen Film produzieren, die eine entferntere Autorenschaft anspricht, die Totenkopfäffchen. Diese Primaten scheinen eine sehr kurze Aufmerksamkeitsspanne von zwei Sekunden zu haben. Nach einigen Experimenten fand Mayeri schließlich das richtige Thema, indem sie die Kategorie Zeit, die visuellen Medien und Primaten auf fantastische Weise verknüpft hat.
Regine Rapp & Christian de Lutz
Presse Feedback
Nonhuman Subjectivities. Rachel Mayeri und Maja Smrekar bei ArtLaboratoryBerlin von Dr. Barbara Borek in art-in-berlin.com
Neue Ausstellung der Reihe „Nonhuman Subjectivities“ im Art Laboratory Berlin: „On Animals. Cognition, Senses, Play“ von A.L. in www.human-animal-studies.de