Kunst und Text III
Prinzenallee:
Ein Stück ohne Dialoge
von Birgit Szepanski

24. November 2007 - 6. Januar 2008
Vernissage 23. November 2007, 20h, Kunstgespräch 6. Januar 2008, 17h
Sa/So 14-18h (22. Dezember 2007 - 02. Januar 2008 geschlossen)

Birgit Szepanski, Prinzenallee. Ein Stück ohne Dialoge, Fotografie, 2007

Die Berliner Künstlerin Birgit Szepanski entwirft in ihren Installationen mit Text und Bild eine eigene Ästhetik des urbanen Raums. Der Ausstellungsraum selbst – Wand, Boden, Fenster und Tür – ist dabei stets Bestandteil der Arbeit. Auf der Grundlage des Spazierengehens als künstlerische Produktionsform hat die Künstlerin in den vergangenen Jahren für ihre Ausstellungsprojekte im In- und Ausland Gedanken, Worte, Bilder bestimmter Orte gesammelt. Architektonische sowie bibliophile Aspekte begegnen sich dabei in Künstlerbüchern, Fotografien, Filmen und Hörstücken.

Im Rahmen der Ausstellungsreihe „Kunst und Text“ hat Birgit Szepanski für Art Laboratory Berlin eine ortsspezifische Arbeit geschaffen. „Prinzenallee. Ein Stück ohne Dialoge“ ist eine die gesamten Ausstellungsräume umfassende Installation, welche sich unmittelbar auf die gleichnamige Straße in Berlin-Wedding bezieht. Film, Fotografie und Text zeichnen Spuren dieser Straße nach. Mittels einer dezidiert minimalistischen Formensprache entfaltet sich der Straßenraum im Ausstellungsraum.

Der graphisch-räumlichen Umsetzung des urbanen Themas im Ausstellungsraum geht ein intensiver Prozess des Sammelns vorweg: unzählige Fotografien, Filmaufnahmen und geschriebene Aufzeichnungen zur Prinzenallee – Häuser, Schilder, Passanten sowie Situationen – waren der Ausgangspunkt der Arbeit. Auf das Sammeln folgte die Auswahl: Schwarzweißfotografien, laser-kopiert und bis ins Abstrakte vergrößert, finden sich auf Wänden, in Heften oder als abfotografierte Dias wieder. Der Rhythmus der als Loop präsentierten Dias betont die distanzierte beobachtende Haltung der Fotografin, die ihre Objekte als Requisiten dokumentiert - Straßenlaterne, Vase, Lieferwagen, Hauseingang, Schaufenster, Fassaden. Die Hefte, die für die Besucher zum Blättern bereit liegen, muten wie Versatzstücke des urbanen Raums an. In ihnen macht sich jene für Birgit Szepanski typische Materialästhetik bemerkbar: Karton, Stoff, Folie, Filz, Holzfurnier, Wellplastik.

Bewusst lässt Birgit Szepanski in ihren Texten unterschiedliche literarische Gattungen ineinander fließen: Beschreibung, Erzählung, Protokoll und Monologe gestalten das „Stück ohne Dialoge“ zu einem urbanen Labyrinth, unmerklich oszillieren Fiktion und Realität. „Chemische Reinigung, auf Wunsch 24h“ liest man auf einer weißen Karteikarten. Wendet man die Karte, so liest man auf der anderen Seite: „Neben den grünen Pflanzen im Schaufenster bilden sich weiße Kristalle im Winter ab.“ Dieser stete Wechsel zwischen Realität und Fiktion macht sich nicht nur bei den in Courier New-Typographie mit Schreibmaschine getippten Karteikarten durch das Spiel des Wendens der Karten bemerkbar. In drei identisch gestalteten schwarzen Heften kann man über „Die Straße“ lesen, aus unterschiedlichen Perspektiven einer fiktiven Handlung, einem Rollentausch ähnelnd. Der Ort wird zum Tatort und der Besucher zum Voyeur, der in die intimen urbanen Zonen durch Bild, Ton und Text im Ausstellungsraum eindringt.

Die Farbe grau in helleren und dunkleren Schattierungen ist für die Ausstellung Programm, was sich bereits in der Einladungskarte widerspiegelt: „Für mich ist das Grau die Verbindung zur Straße, zum Asphalt. Ich erweitere mit dem Grau den Raum und hole die Straße in die Ausstellung“, erklärt die Künstlerin in einem Gespräch. Die unbunte Farbe grau im Ausstellungsraum verweist nicht zuletzt auch auf die mediale Geschichte des urbanen Raums. Der Topos Stadt hat sich seit den Anfängen der Großstadtfilme und der Street Photography in unserem Gedächtnis als schwarz-weißer Raum festgesetzt. Der in einem hellen Grau gehaltene Vorhang schließlich bringt uns zurück zur Prinzenallee – einem „Stück ohne Dialoge“.
-Regine Rapp

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