Kunst
und Recht IV
Creative Rights. On Appropriation, Copyright and Copyleft
Künstler:
Azin Feizabadi, Gilbert & George, Christian
de Lutz, Triple Candie.
Die Creative Rights-Bibliothek zeigt Dokumente über
Shepard Fairey vs. AP, Richard Prince vs. Patrick Cariou, Creative
Commons, The Fair Use Projekt, Piratpartiet, u.a.
Vernissage
27. November 2009, ab 20h
Laufzeit/ Ausstellung: 28. November 2009 - 7. Februar
2010
Winterpause: 18. Dezember 2009 - 3. Januar 2010
Öffnungszeiten: Sa-So 14-18h, Ausstellungsführung 15h
(an jedem Öffnungstag)
Workshop,
28.11.2009, 15h
"Urheberrecht und verwandte Themen für Künstler,
Musiker, Filmemacher und andere kreative Bereiche" mit dem
Rechtsanwalt Andreas Lichtenhahn (in deutscher Sprache).
Kostenlos, nur mit Voranmeldung: info@artlaboratory-berlin.org
Die Ausstellung Creative Rights. On Appropriation, Copyright
and Copyleft untersucht die Verwendung, Weiterverwendung und
den Missbrauch von Bildern und Informationen in der Gegenwartskunst
aus künstlerischer, legaler, politischer und philosophischer
Perspektive.
Seit
den späten 1970er Jahren ist die Aneignung von Bildern und
Informationen bei KünstlerInnen wie Sherrie Levine und Richard
Prince und vielen anderen eine übliche und anerkannte Praxis
und Teil einer postmodernistischen kritischen Annäherung. Diese
Strategie geht zurück auf Pop Art, den Nouveau Réalisme
und hat Vorläufer in der Dada-Bewegung und der kubistischen
Collage. In den letzten Jahren kam es in diesem Zusammenhang zu
zahlreichen ethischen, ästhetischen und rechtlichen Kontroversen,
wie die Rechtsfälle von Jeff Koons, Richard Prince oder Shepard
Fairey zeigen.
Das
Ausstellungsprojekt Creative Rights präsentiert sich
in drei Teilen: die Ausstellung mit vier künstlerischen Positionen,
die Creative-Rights-Bibliothek mit ausführlichem Material zu
den vorgestellten Arbeiten und anderen aktuellen Rechtsfällen
und ein Workshop zum Thema "Copyright".
Die
Ausstellung zeigt vier künstlerische Positionen, die auf unterschiedliche
Weise mit Formen der Aneignung, dem Bereich Fair Use (einer
bestimmten Form der autorisierten Nutzung von geschütztem Material)
und dem sog. "Copyleft" (der bewussten künstlerischen
Entscheidung, den Schutz des Copyrights zu unterlaufen) umgehen.
Triple
Candie (ein kuratorisches Duo mit Shelly Bancroft und Peter
Nesbett) provozierte eine Kontroverse im Jahr 2006, als sie in ihrer
Ausstellung David Hammons: The Unauthorized Retrospective
Farb- und S/W-Fotografien aus Büchern, Broschüren, Katalogen
und Webseiten verwendeten, um die Arbeit des US-amerikanischen Künstlers
David Hammons vorzustellen. Das Ergebnis der Ausstellung, die zu
Teilen als kuratorisches Zitat bei Art Laboratory Berlin erneut
präsentiert wird, wirft ein kritisches Licht sowohl auf Hammons
Arbeiten als auch auf die Praktiken der Kunstwelt und wurde verurteilt
aber auch herausragend gelobt.
Die
Arbeit Repetitions-Revolutions-Rituals des deutsch-iranischen
Künstlers Azin Feizabadi ist Teil eines Projekts, das
der Künstler 2004 begann, als er mittels einer Schablone das
Bild einer Frau mit Kopftuch in Berlin-Kreuzberg auf Häuserwände
sprühte. Die Arbeit war ursprünglich als Hommage an seine
Mutter Farkhondeh Shahroudi gemeint, die als 18-Jährige während
der iranischen Revolution politisch kritisches Gedankengut mittels
Graffiti in Teheran verbreitete. Im Jahr 2006 benutzte die Zeitschrift
Fokus eine Fotografie des Graffiti-Bildes von Feizabadi für
die Titelseite und setzte über das Bild gleich einem Stempel
die Worte "Die Multikulti-Lüge". Feizabadi hat entschieden,
sich dieses Bild (zurück)anzueignen, in dem er das Bild auf
der Titelseite unterschreibt und es als Kunstwerk ausstellt. Sein
begleitender Text erläutert den Kontrast zwischen dem ursprünglichen
Zusammenhang seiner Arbeit und dem veränderten Gebrauch des
im Fokus verwendeten Bildes, bzw. des in den Augen des Künstlers
verursachten Missbrauchs seines Bildes. Die Arbeit verweist auch
auf den rechtlichen Bereich der "Panoramafreiheit" im
deutschen Recht, die den Gebrauch von Bildern im öffentlichen
Raum unabhängig von den ursprünglichen Wünschen oder
Absichten der Künstler erlaubt.
Die
Arbeit The Copyright Piece (2009) von Christian de Lutz
befindet sich an der Schnittstelle zwischen Rechtsverletzung und
Fair Use, indem sie auf die rechtliche Grauzone aufmerksam
macht und sich als Kritik am Finanz- und Kunstmarkt versteht. Das
Werk besteht aus einer CD mit einem Klangstück, das durch die
starke Bearbeitung und Verzerrung eines Musikstücks entstanden
ist. Neben der CD gibt es einen Künstlertext und einen Vertrag,
der die Arbeit an Interessenten anbietet. Die Arbeit kann kostenlos
erworben werden, allerdings unter der Bedingung, dass der Empfänger
dieser Arbeit alle Rechte sowie alle damit einhergehende rechtliche
Verantwortungen übernimmt, eingeschlossen einer Lizenzvergabe
des Künstlers für den Gebrauch der Arbeit zu Ausstellungszwecken.
Dieser Vertrag ersetzt das Kapital durch Risiko als Verweis auf
die gegenwärtige Finanzkrise.
Die
Arbeit Planed (2007) des italienisch-britischen Künstlerduos
Gilbert & George wird in der Ausstellung als Beispiel
für die Praxis des "Copyleft" präsentiert, eine
Alternative zur üblichen Praxis des traditionellen Copyright.
Die Künstler boten diese Arbeit als neun herunterladbare Dateien
über die Webseiten des BBC und des Guardians an. Sie wurde
kostenlos an ein breites Publikum ohne irgendwelche Einschränkungen
angeboten.
Zusätzlich
zur Ausstellung gibt es noch die Creative Rights Bibliothek,
eine Sammlung an Artikeln, Manifesttexten und Dokumenten, die eine
Reihe an Themen zu Copyright und "Copyleft" beinhalten.
Dabei werden zwei aktuelle Rechtsfälle von Künstlern hinsichtlich
Streitigkeiten des Copyrights präsentiert.
Der US-amerikanische Künstler Shepard Fairey, der für
sein Obama-Plakat während des US-amerikanischen Wahlkampfes
berühmt wurde, ist gegenwärtig in einen Rechtsstreit mit
der Associated Press (AP) verwickelt. Sowohl der Künstler als
auch AP erkennen an, dass das von Fairey für das Plakat verwendete
Bild auf der Grundlage von Fotografien eines AP-Fotografen entstanden
ist. Der Streit geht nun darum, ob Faireys Gebrauch durch Bildbearbeitung
und die Schaffung eines neuen Bildkontexts noch dem legalen Bereich
der Fair Use Bestimmung angehört. Der andere Rechtsfall
betrifft den Künstler Richard Prince und den Fotografen Patrick
Cariou. Prince, der seit langem für seine Appropriation Art
mit Marlboro Cowboys' und Mädchen aus Motorrad-Zeitschriften
bekannt ist, benutzte 2008 in seiner aktuellen Collage-Serie Canal
Zone Fotografien aus dem Buch "Yes Rasta" von Cariou.
Anfang 2009 rechte Cariou Klage wegen der Verletzung des Copyrights
ein.
Darüber
hinaus wird die Bibliothek Materialien über die ausgestellten
Künstler sowie Dokumente über das deutsche und US-amerikanische
Copyright-Gesetz, die Bewegung Creative Commons, das Stanford
University Fair Use Project und die deutsche und schwedische Piratenpartei
bereitstellen. Das Ziel ist, eine große Bandbreite an Informationen
und Gesichtspunkte über die betreffenden Themen zu bieten.
Der
dritte Teil des Ausstellungsprojekts Creative Rights ist
der Workshop Urheberrecht und verwandte Themen für Künstler,
Musiker, Filmemacher und andere kreative Bereiche, der am Samstag,
den 28. November um 15 Uhr mit dem Rechtsanwalt Andreas Lichtenhahn
in deutscher Sprache stattfinden wird.
-Regine Rapp
|